Was ist eine "gute Flasche Wein"?

Wein ist ein emotionales Getränk mit zusätzlichem Prestigecharakter – der gesucht und auch bezahlt wird. Allerdings wird der Wert oft festgelegt durch den Bekanntheitsgrad einer Marke oder durch PR - Veranstaltungen (eines selbsternannten sogenannten Weinkenners), die nichts mit der Qualität zu tun haben.

Dabei ist Wein ausschließlich abhängig von der individuellen Geschmackssympathie des Genießers, die stimmungsabhängig ist. Dasselbe Glas Wein an der Bar des Fünf-Sterne-Hotels getrunken, schmeckt anders als beim Dinner in einer Strandbar.

Woran liegt das? Der Wein - und zwar jeder Wein - und sein Geschmack sind abhängig von den Aromen der Rebsorte, von der Weinsäure, dem unvergorenen Traubenzucker (Restsüße) und dem Alkoholgehalt: vier Charakteristika, die es im Keller des Winzers durch seine Expertise zu bearbeiten gilt. Die Abstimmung der Nuancen untereinander ist schon beinahe eine Kunst.

Aber dieses Gefühl für die Weinbereitung allein reicht nicht aus. Der Winzer muss ein wachsamer Visionär sein, um mögliche Konsumveränderungen rechtzeitig vorauszuahnen - und danach seine Rezeptur anzupassen.

Bleibt das Konsumverhalten unverändert, besteht die Herausforderung des Winzers in dem Erhalt der Qualitätskonstanz der Weine, ungeachtet des Ernteertrags und Reifegrades, der immer wieder als Ausrede benutzt wird. Darin besteht das eigentliche Können des Winzers.

Nicht ganz unerheblich ist dann noch die Farbe eines hergestellten Weins im Glas: er sollte - je nach Rebsorte - identisch und prägnant sein und einen hohen Wiedererkennungswert haben.

 

Was also ist eine gute Flasche Wein?

Eine Flasche Wein ist - vielleicht überraschend - dann gut, wenn in einer gemütlichen Runde, der Wunsch nach einem zweiten oder dritten Glas entsteht.

Voraussetzung ist, dass der Wein dem Konsumierenden "auf den ersten Schluck" sympathisch erscheint.

Dies wird erreicht durch die Säurereduzierung während der Weinherstellung und Erhaltung der rebsorten-typischen Aromen durch die Feinabstimmung mit der unvergorenen Restsüße. Das ist das Geheimnis eines jeden Winzers und auch die Herausforderung im Keller.

Da sich aber jede Rebsorte, abhängig vom Reifegrad der geernteten Trauben, durch einen unterschiedlichen

Säuregehalt auszeichnet, bedarf es sehr viel Fingerspitzengefühls des Winzers in der Weinbereitung, die Säure so "einzustellen", dass sie noch schmeckbar ist, aber bei dem Gesamteindruck nicht störend wirkt – und dem Genießer einen „runden Genuss“ vermittelt.

Je nach Art der Weinbereitung lässt sich ein Säuregehalt von weniger als 5 Promille (auch bei Weißwein) erzielen und das Trinkerlebnis durch das Vorhandensein von Restsüße im Wein angenehm und verträglich, weil harmonisch, gestalten.