Willkommen beim Winni-Winzer-Blog
Zur Historie: 26 Jahre auf einem Weingut in Produktion und Direktvertrieb, tausende von Weinverkostungen und die Entwicklung von ganzen Wein-Kollektionen haben mich gelehrt: Erfahrungen, die in ihrer Art einzigartig sind.
Deutschland als Produzentenland ist nicht der Nabel der Welt - sondern besitzt nur 100.000 ha Weinberge gegen Millionen von Hektar nur bei unseren europäischen Nachbarn.
Wein, werden Sie vielleicht sagen, kann man beinahe "an jeder Straßenecke" kaufen, an Tankstellen, im Supermarkt und beim Discounter. Richtig!
Wer aber kann schon behaupten, "ein Weingut direkt vor der Haustür" zu haben, mit einer Probiertheke und dem Angebot einer kostenlosen Weinprobe vor dem Einkauf?
Deutlicher gesagt, es geht hier nicht um einen Weinmarkt mit hunderten von Weinen – oder um einen "Einkaufstempel" mit einer faszinierenden Anzahl bunter Flaschenetiketten mit Selbstbedienung, sondern um etwas Anderes.
Vorausschicken möchte ich einige wenige statistische Zahlen. Zu Weinkonsumenten zählen ca. 53 Prozent der Einwohner in Deutschland – Tendenz steigend. Im Durchschnitt trinkt diese Zielgruppe ca. 30 Flaschen mit 0,75 Liter Inhalt im Jahr. Das Weineinkaufsverhalten, viele Jahre lang eine unantastbare "Männerdomäne" mit dem geheimnisvollen Weinkeller als Rückzugsgebiet, hat sich grundlegend geändert: Heute werden 80 Prozent der Einkaufsentscheidungen betreffend Wein von der Frau des Hauses getroffen.
Dabei hat der Wein viel mehr Facetten als das Angebot zum Beispiel im Supermarkt vermuten lässt. Es ist nicht nur das Farbenspiel eines Weins, der sich weiß, rosé oder rot präsentiert, sondern auch seine "Geschmackssympathie" mit unzähligen Abstufungen von trocken über halbtrocken bis mild oder "edelsüß".
Das liegt entweder an der Traubenernte oder an der Kunst des Produzenten oder ist vielleicht doch eine Kombination aus Beidem und dem sich fortwährend wandelnden Kundengeschmack.
Denn genauso, wie unsere Essensgewohnheiten in den Jahren durch die Angebote der Konsumgüterindustrie und Urlaubsvorlieben anders geworden sind – so haben sich auch unsere Trinkgewohnheiten verändert.
Das macht es dem Verbraucher bei der Auswahl eines deutschen Weins nicht einfach. Viel Wissen über das Anbot von Weinen aus deutschen Landen ist verloren gegangen.
Und so steht der Kunde ratlos vor dem Supermarktregal und rätselt vor Tausend verschiedenen mehr oder weniger bunten Etiketten. Beratung oder Problemlösung? – Fehlanzeige.
Wein wird zum Mitnahmeartikel, ohne garantiertes Genusserlebnis – auf Verdacht. Im besten Falle greift man nach einer Flasche der Sorte „Riesling“ und hat dann die Chance auf "quietschsauer", trocken oder halbtrocken, je nach Vorlieben des Winzers.
Denn im Gegensatz zur Massenproduktion der Konsumgüterindustrie wird Wein in Deutschland noch hergestellt von tausenden Individualisten – Weingütern mit einem, fünf bis 15 Hektar Weinbergen oder mehr. Und alle diese Macher haben unterschiedliche Vorstellungen, wie ein Wein schmecken soll – und erheben den Geschmack zum Glaubensbekenntnis.
Ausgebildete, sogenannte Weinsachverständige vertreten dann noch diese Meinung, indem sie ein ganzes Bouquet an Aromen beschreiben, mit dem man den Wein im Glas hochstilisieren kann.